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Vocatus Pricing & Selling Blog

Preisstrategie und Vertriebsoptimierung powered by Behavioral Economics

Preiserhöhungen – jetzt oder nie?!

Steigende Inflation, explodierende Rohstoffpreise und die sich zuspitzende Energie-Situation machen es für viele Anbieter notwendig, Preise zu erhöhen. Doch gleichzeitig fragt man sich: Können wir Preiserhöhungen unseren Kunden überhaupt zumuten? Gerade jetzt?
Die Antwort kann nur lauten: Ja! Wann, wenn nicht jetzt? Wenn wir es jetzt nicht schaffen, Preiserhöhungen durchzusetzen, werden steigende Kosten unsere Profitabilität irgendwann auffressen. Wie können wir also Preiserhöhungen bestmöglich umsetzen?

Tipp #1 Den richtigen Startpreis wählen, um davon auch wieder wegzukommen

Schon bei der Einpreisung Ihrer Angebote sollten Sie darauf achten, dass Sie sich nicht auf einen Preispunkt setzen, von dem Sie später nicht mehr wegkommen. So sind 99,- € zwar aufmerksamkeitsstark und unterhalb einer relevanten Schwelle, die Überschreitung dieser Schwelle ist später aber umso schwieriger. 

Vermeiden Sie außerdem, den Preis zum Produktnamen zu machen. Das 365-Euro-Ticket der Münchner Verkehrsgesellschaft ist zwar ein smarte Idee. Aber den Preis zu ändern ist fast unmöglich, ohne das Produkt zu ändern. McDonald’s hatte einst einen Produktblock namens „1*1“ – alle Produkte zu einem Euro. Darunter auch die erinnerungsstarke kleinen Pommes. Deren Erhöhung von € 1,- auf € 1,10 ist vielen Kunden übel aufgestoßen und wurde öffentlich vielfach thematisiert.

Krumme, schlecht erinnerbare Preise können leichter erhöht werden.

Tipp #2 Regelmäßig erhöhen, um Preisakzeptanz zu trainieren

Ein häufiger Einwand gegen Preiserhöhungen ist: Wir haben doch gerade erst erhöht, das können wir unseren Kunden doch nicht schon wieder zumuten. Diese Annahme ist so plausibel wie falsch. Denn Preisakzeptanz ist kein Tank, den man nicht leer fahren darf, sondern ein Muskel, der regelmäßiges Training braucht. Je regelmäßiger Sie ihn trainieren, desto stärker wird er und desto besser kann er Preiserhöhungen verkraften. Umgekehrt: Lange nicht zu erhöhen, macht sich nicht dadurch bezahlt, dass Sie dann einen größeren Sprung wagen können – im Gegenteil! 

Regelmäßig Preiserhöhungen gewöhnen im Übrigen nicht nur den Kunden, sondern auch den Vertrieb an Preiserhöhungen. Denn oft scheitern Preiserhöhungen nicht daran, dass der Kunde sie nicht akzeptiert, sondern daran, dass der Vertrieb sich scheut, sie beim Kunden anzusprechen und durchzusetzen.

Tipp #3 Lieber öfter als höher, um schneller Marge abzuschöpfen

So, wie Sie den Muskel der Preisakzeptanz nicht überreizen sollten, so sollten Sie es mit der Höhe der Preisanpassungen nicht übertreiben. Sonst droht der Muskelkater, weil Ihnen die Kunden die Preiserhöhung übel nehmen. Jedes Jahr ein Prozent ist für den Kunden verdaulicher als alle fünf Jahre fünf Prozent. Und Ihnen geht damit im selben Zeitraum weniger Marge verloren. 

Man erhöht leichter häufiger, als um einen höheren Betrag.

Tipp #4 Nicht immer begründen, um keine Aufmerksamkeit zu erregen

Eine gute Preiserhöhungsstrategie trainiert und gewöhnt die Kunden an regelmäßige Preiserhöhungen. Im besten Fall ist der Preis für die Kunden so wenig präsent, dass Preiserhöhungen überhaupt nicht mehr auffallen und nicht mehr begründet werden müssen. 

So haben es viele Zeitungsverlage geschafft, regelmäßige Preiserhöhungen zur Selbstverständlichkeit zu machen. Begründungen (wie früher prominent in Editorials erfolgt), sind hier in aller Regel kontraproduktiv, weil sie den Kunden überhaupt erst auf den Preis aufmerksam machen. Natürlich müssen Sie Ihre Preiserhöhung angemessen kommunizieren, aber glauben Sie nicht daran, dass Sie mit einer ausgeklügelten Begründung auf mehr Akzeptanz stoßen. 

Je weniger die Kunden den Preis kennen und sich dafür interessieren, desto eher können Sie auf explizite Begründungen verzichten.

Tipp #5 Wenn, dann richtig begründen, um nicht in die Defensive zu geraten

Zeitungsverlage wollten Preissteigerungen mit dem Mindestlohn begründen. Das ging aber in einigen Fällen nach hinten los, da diese Begründung auch impliziert, dass der Verlag vorher nicht einmal Mindestlöhne gezahlt hatte. Begründungen wie „Wir bieten ja auch den besten Service / die beste Leistung“ überzeugen kaum, denn das hatte der Kunde auch schon davor. 

Rohstoffpreise können im B2B-Sektor als Argument funktionieren, jedoch kann der Kunde dieses Argument bei rückläufigen Rohstoffpreisen auch wieder gegen den Vertrieb verwenden. Ein halb-konkretes Argument (“Unsere Lieferanten werden auch immer selbstbewusster”) und der Hinweis, dass man in diesen Zeiten aufgrund der hohen Nachfrage manche Kunden auch gar nicht mehr beliefern kann, funktionieren hier besser.

Grundsätzlich gilt: Je nach Preismotivation (d.h. GRIPS-Typ) der Kunden sind unterschiedliche Begründungen sinnvoll:
  • Schnäppchenjäger wollen weiterhin das Gefühl haben, einen guten Deal zu machen. Z.B. wenn sie in eine Bundle-Option upgraden können, die im Vergleich zu Einzelpreisen eine Ersparnis bietet
  • Verlustaversive wollen fair behandelt werden, sind aber auch bereit, den Anbieter fair zu bezahlen. Ihnen kann man das Gefühl geben, dass alle Kunden und auch der Anbieter die Last der Preiserhöhung zu gleichen Teilen schultern
  • Preisbereite wollen darin bestätigt werden bzw. haben gelernt, dass mehr Leistung höhere Preise rechtfertigt bzw. höhere Preise mehr Leistung bedeuten. Zusammen mit einer Preiserhöhung sollte man ihnen mehr Optionen mit mehr Leistung oder Service anbieten
  • Gewohnheitskäufer wollen als treue Kunden wertgeschätzt werden, z.B., indem sie auch nach der Preiserhöhung zumindest nicht mehr bezahlen als Neukunden

Wenn Sie besprechen möchten, welche Preiserhöhungsstrategie für Ihr Geschäft am sinnvollsten ist und wie Sie diese am besten umsetzen, sprechen Sie uns an! Schreiben Sie uns einfach eine Mail an beratung@vocatus.de oder eine Nachricht über unser Kontaktformular.

P.S.: Lust auf ein aktuelles Praxisbeispiel, wie eine Preiserhöhung gerade nicht funktioniert?
Im Artikel “Über die besondere Kunst, ein erfolgreiches Preismodell zu entwickeln: Eine kurze Geschichte aus drei Perspektiven über Fehler und Erfolgsfaktoren” veranschaulicht Prof. Dr. Bauer auf erzählerische Art und Weise von seinem ganz persönlichen Erlebnis mit Preiserhöhungen, das er so schnell nicht vergessen wird – weder als Kunde, noch als Pricing-Experte. 

Der Artikel ist auf dem LinkedIn Profil von Florian Bauer zu lesen. Hier geht’s zum Artikel.

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