Personas stammen ursprünglich aus dem IT-Bereich und wurden entwickelt, um fiktive Prototypen von Anwendern zu beschreiben, an denen sich Design und Entwicklung orientieren können. Um Produktentwicklung und Marketing auch außerhalb der IT-Welt kundenzentrierter aufzustellen, kommen Personas zunehmend auch in anderen Bereichen zum Einsatz. Damit verbunden ist – neben dem grundsätzlich zu begrüßenden Perspektivenwechsel – aber auch das Risiko, ein fehlerhaftes Kundenbild zu zeichnen:
#1 Überspitzung: Personas sollen eine Zusammenfassung empirischer Erkenntnisse über den Kunden darstellen, gleichzeitig so lebendig und greifbar wie möglich sein. Eine Persona beschreibt also eine Vielzahl von Kunden, aber in Form einer ganz konkreten Person. Und je konkreter diese beschrieben ist (z.B. Peter, 40 Jahre, gut ausgebildet, angestellt, mittleres Einkommen, zwei Kinder, lebt in der Stadt), desto weniger hat sie mit irgendeinem real existierenden Kunden zu tun.
#2 Überkonsistenz: Wie bei jedem Story-Telling (und im Prinzip bei jeder Beschreibung der Welt) tendieren wir auch bei Personas dazu, diese konsistenter und kohärenter zu beschreiben, als sie in der Realität sind. So nehmen wir an, eine bestimmte sozioökonomische Verortung (gut ausgebildet, in der Stadt lebend) führt zu einem bestimmten Wertesystem (z.B. hohes Umweltbewusstsein), aus dem sich Konsumverhalten (z.B. Fahren eines umweltfreundlichen Autos) vorhersagen lässt.
Nun ist aber – und genau das ist eine Kernerkenntnis von Behavioral Economics – Verhalten nie so stringent aus Sozial- und Wertesystemen vorhersagbar, wie es Personas suggerieren. Peter fährt z.B. in der Stadt einen wenig umweltfreundlichen SUV. Und oft beeinflussen situative Einflüsse (die ignoriert werden, wenn man nur auf soziostrukturelle Dimensionen fokussiert) das Entscheidungsverhalten viel mehr. Peter verhält sich zwar manchmal umweltbewusst, aber z.B. nur, wenn es um Lebensmittel geht.
Personas sind also wenig geeignet, um Entscheidungsverhalten in spezifischen Branchen zu erklären und vorherzusagen. Warum funktionieren sie dann?
Wir glauben deshalb, weil sie darstellen können, wie sich Kunden selbst gerne sehen (im Sinne einer „aspirational“ Person). Werbung, die auf Personas basiert, stellt also nicht dar, wie Kunden tatsächlich sind, sondern wie sie sich gerne selbst sehen. Personas funktionieren deshalb für diesen Zweck, weil die Kunden sich durch den Konsum mit der dargestellten Person identifizieren.
Man sollte aber nicht den Fehler machen, von Personas zu erwarten, dass sie uns erklären, wie echte Kunden sich verhalten und entscheiden. Für Pricing und Selling sind sie daher nur sehr bedingt geeignet. Dazu braucht es eine valide Segmentierung, die auf tatsächlichem Entscheidungsverhalten basiert.