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Vocatus Pricing & Selling Blog

Preisstrategie und Vertriebsoptimierung powered by Behavioral Economics

Bepreisen Sie Ihre Produkte richtig?

Häufig verschenken Preisstrategien Potenzial, weil Produkte rein wertbasiert bepreist werden. Lesen Sie hier, warum das zu kurz greift und wie Sie Preise komponieren können, sodass ihr Portfolio kein Potenzial verschenkt.

Der Goldstandard des Value-based Pricing sieht vor, Preise abhängig vom Wert, den die Artikel für den Kunden stiften, und der sich daraus ergebenden Preisakzeptanz festzulegen. Aus dieser Herangehensweise ergeben sich aber Schwierigkeiten:

#1 Ein praktisches Problem:

Nur für wenige Produkte können Sie die Preisakzeptanz noch empirisch bestimmen. Für Sortimente mit einer drei- oder vierstelligen Anzahl von Produkten ist das kaum noch möglich. Die Analyse vorangegangener Transaktionen kann zwar helfen, wird aber immer nur diejenigen Preisspielräume finden, die in der Vergangenheit ausgeschöpft wurden, und ist daher blind für mögliche zukünftige Potenziale.

#2 Ein konzeptionelles Problem von Value Based Pricing:

Die Annahme, dass der Wert eines Produkts eine absolute, dem Produkt inhärente Eigenschaft ist, hält dem Realitätstest nicht stand. Dasselbe Kleidungsstück wirkt in einer Designerboutique wertiger als im Discounter. Das gilt auch für den Preis: Zeigen Sie einem Kunden ein Produkt, wird er kaum sagen können, was er bereit wäre, dafür zu bezahlen. Haben Sie schon einmal in einem Schaufenster ein Kleidungsstück gesehen und konnten genau sagen, zu welchem Preis Sie es gerade noch kaufen würden? Eher unwahrscheinlich. Wahrscheinlicher ist, dass Sie, wenn Sie das Preisschild sehen, sagen können, ob Sie das Produkt kaufen wollen oder nicht.

Der wertbasierte Ansatz ist deshalb zwar nicht falsch, allerdings greift er zu kurz, da er versucht, den Preis auf Basis von Zahlungsbereitschaft festzulegen („Was ist der Kunde bereit, für ein Produkt zu bezahlen?“), die es so (als absolutes Konstrukt im luftleeren Raum) nicht gibt. Die so gemessene Zahlungsbereitschaft ist weniger als Preisakzeptanz denn als Preiserwartung zu interpretieren („Was ist aus Kundensicht ein erwartbarer Preis?“).

Behavioral Pricing schließt diese konzeptionelle Lücke, indem es darauf abhebt, welchen Preis die Kunden in einer konkreten Entscheidungssituation bezahlen würden („Würde der Kunde das Produkt, in dieser Situation, zu diesem Preis kaufen?“). Und Empfehlungen gibt, wie diese Entscheidungsarchitektur (z.B. die Anordnung der Produkte im Regal oder auf der Webseite) gestaltet werden sollte, sodass die Preisakzeptanz der Kunden aktiv entwickelt wird.

Lesen Sie hier im Detail nach, warum Preisakzeptanz im Vergleich zu Zahlungsbereitschaft die bessere Metrik für Ihre Preisstrategie ist.

Deshalb können und sollten Sie nicht alle Produkte nach Wert bzw. Preiserwartungen bepreisen

Je nach Rolle des Preises im Entscheidungsprozess der Kunden und je nach Funktionen des Produkts in der Entscheidungsarchitektur Ihres Sortiments kann es durchaus sinnvoll sein, Artikel bewusst zu unter- oder zu überpreisen (d.h. abweichend vom subjektiven Wert bzw. den Erwartungen der Kunden). So können Sie folgende Arten von Artikeln unterscheiden:

Abschöpfprodukte

Topseller, die tatsächlich wertbasiert bzw. entlang der Preiserwartungen der Kunden bepreist werden sollten und als Referenz für andere Artikel dienen. Im Einzelhandel ist das z.B. die normale Vollfettmilch, im Elektrogroßhandel die Steckdose, im Automobilbereich das Mittelklassemodell.

Ausstrahlprodukte

Leuchtturmartikel, die die Markenpositionierung des Anbieters transportieren und entsprechend des Preisimages des Anbieters bepreist werden sollten. Z.B. die Bio-Weidemilch im Biosupermarkt, das Qualitätswerkzeug im Elektrogroßhandel oder die Sportlimousine des Premium-Automobilanbieters.

Angebotsprodukte

Aktionsprodukte, die Kunden spontan und ohne die Aktion (aufgrund mangelnder Aufmerksamkeit oder mangelnder gefühlter Vorteilhaftigkeit) nicht gekauft hätten und auch unter Wert bzw. den Preiserwartungen bepreist werden können. Z.B. die Großpackung H-Milch im Supermarkt, der Gasgrill im Elektrogroßhandel oder das Ausstattungspaket des Automobilanbieters.

Ankerprodukte

Langsam drehende Artikel an der Spitze einer Kategorie, die bewusst über den Preiserwartungen der Kunden bzw. deutlich teurer als die verwandten Abschöpfartikel eingepreist werden, damit die Abschöpfartikel günstiger erscheinen. Z.B. die Demeter-Weidemilch im Supermarkt, das High-end Glasfaserkabel im Elektrogroßhandel oder das topmotorisierte Sportmodell des Automobilherstellers.

Aufpreisprodukte

Selten und aus einem dringlichen Bedarf heraus gekaufte Artikel, zu denen die Kunden kaum eine Preisvorstellung haben und bei denen sie aufgrund der Dringlichkeit wenig auf den Preis achten, sodass der Preis recht hoch angesetzt werden kann. Z.B. die laktosefreie Milch im Supermarkt, das Glasfaserkabel im Elektrogroßhandel oder das Hundegitter des Automobilanbieters.

Weitere Funktionen für Service-Anbieter:

Geht es nicht nur um den Verkauf von Produkten, sondern um regelmäßig in Anspruch genommene Services (z.B. in Form von Subscription), ergeben sich je nach Zeitpunkt in der Kundenbeziehung, weitere zusätzliche Funktionen, die Sie nutzen können:

Akquiseprodukte

Meist kostenlose Produkte, die nur die Basics des Angebots enthalten. Ähnlich wie Angebotsprodukte bringen Akquiseprodukte Kunden dazu, den ersten Schritt in das Abonnement zu gehen. Sie sind sinnvoll, wenn die Kunden diesen Schritt ohne das Akquiseprodukt nicht getan hätten. Das Produkt hat also vor allem die Aufgabe Neukunden zu gewinnen. Z.B. das Probeabo einer Zeitung.

Alltagsprodukte

Die Kundenbeziehung endet nicht, sobald der Kunde die erste Zahlung getätigt hat, sondern sie muss ab diesem Moment weiter gepflegt werden. Da der Nutzen im Servicemodell aus Nutzung entsteht, müssen Sie sicherstellen, dass der Kunde das Produkt nicht nur ausprobiert, sondern regelmäßig verwendet. Z.B., indem die Tageszeitung auf allen Endgeräten verfügbar oder Artikel als Podcast abrufbar sind. Lesen Sie dazu unseren Artikel zum Thema Pricing & Selling für Subscription Modelle.

Ausprobierprodukte

Ausprobierprodukte geben den Nutzern die Möglichkeit, das erweiterte Produkt über die Standardfunktionen hinaus für einen begrenzten Zeitraum zu testen. Das Ziel ist es, sie auf diese Weise für Angebote zu begeistern, deren Wert sie nur durch Ausprobieren erkennen. Z.B. der Tagespass für eine Beilage.

Upsellprodukte

Kunden, die das Alltagsprodukt kontinuierlich nutzen und sich für Ausprobierprodukte begeistert haben, können Sie dann weitere Produkte anbieten, um sie in höherpreise Angebote oder Optionen zu ziehen.

Unabhängig davon, ob Sie klassische Produkte oder Services verkaufen, sollten Sie sich vom Pricing-Irrglauben verabschieden, dass alle Ihre Produkte Blockbuster sein müssen. Vielmehr sollten Sie Ihr Pricing wie eine gute Filmmusik zusammenstellen. Auch hier geht es nicht darum, möglichst viele laute Töne zu setzen, sondern um das perfekte Zusammenspiel aus laut und leise, das am Ende eine gute Melodie ergibt, welche – ohne es erklären zu können – vielen Zuhörern gefällt.

Wenn Sie Preisgestaltung als ganzheitliche Aufgabe betrachten, bei der es nicht um die Gestaltung isolierter Preise geht, sondern um sinnvolle Relationen zwischen den Preisen, wird diese Aufgabe nicht nur einfacher, sondern im Ergebnis auch profitabler. Für eine individuelle Beratung, wenden Sie sich gerne direkt an uns. Schreiben Sie uns einfach eine Mail an beratung@vocatus.de oder eine Nachricht über unser Kontaktformular.

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